Was, wenn der Strom ausfällt?

«An einem kalten Winterabend beginnt das europäische Stromnetz zusammenzubrechen. Viele Länder versinken in Dunkelheit …» Dieses Katastrophenszenario eines totalen Stromausfalls thematisierte Marc Elsberg 2012 in seinem Thriller «Blackout»

Aufgrund des Kriegs in der Ukraine und der veränderten Klimaverhältnisse sind die Energiepreise für Strom, Heizöl und Erdgas an den internationalen Märkten markant angestiegen. Dies schlägt sich in den Energieausgaben der Schweizer Haushalte als auch der Unternehmungen nieder. Im kommenden Winter rechnen die Experten zudem mit einer Mangellage in der Energieversorgung.

Mit welchen kurzfristig umsetzbaren Massnahmen können Private und Unternehmen einen Beitrag leisten, um diese Mangellage oder weiterreichende Massnahmen wie Netzabschaltungen zu verhindern?

Die OSTRAL (Organisation für Stromversorgung in ausserordentlichen Lagen) arbeitet im Auftrag der wirtschaftlichen Landesversorgung des Bundes. Für den Fall einer langandauernden Strommangellage sind Massnahmen festgelegt, die beim Eintreten einer Krise umgesetzt werden können. Dies auf Basis von Verordnungen, die vom Bundesrat in Kraft gesetzt werden. Diese Massnahmen betreffen die Steuerung der Stromproduktion und die Reduktion des Stromverbrauchs.

Um in einem Krisenfall, die durch eine bundesrätliche Verordnung vorgegebenen Einsparungen beim Stromverbrauch schweizweit realisieren zu können, ist es wichtig, dass sich die grossen Unternehmen als auch die privaten Haushalte vorbereiten.

Im Falle einer Strommangellage werden vier Bereitschaftsgrade unterschieden. Im Bereitschaftsgrad 1 herrscht Normalbetrieb und die wirtschaftliche Landesversorgung überwacht die Versorgungslage. Zeichnet sich eine Strommangellage konkret ab, hat dies eine erhöhte Bereitschaft zur Folge. Es gilt Bereitschaftsgrad 2, in der die Behörden und die Landesversorgung an die Bevölkerung appellieren, freiwillig Strom zu sparen.

Erst bei Bereitschaftsgrad 3 werden konkrete Bewirtschaftungsmassnahmen in Kraft gesetzt. In Bereitschaftsgrad 4 setzt der Bundesrat die notwendigen Massnahmen per Verordnung in Kraft und die wirtschaftliche Landesversorgung beauftragt OSTRAL mit dem Vollzug dieser Massnahmen. Primär betroffen sind dabei die Stromproduktion sowie der Stromverbrauch. Je nach Intensität der Mangellage können die Massnahmen zurückhaltender oder einschneidender ausfallen. Derzeit muss mit Einsparungsvorgaben von 15% bis zu 30% gerechnet werden.

Das Ziel dieser Massnahmen ist, die Stromversorgung, also das Gleichgewicht zwischen Stromproduktion und -verbrauch, auf reduziertem Niveau aufrechtzuerhalten. Der Bundesrat hat im Bereitschaftsgrad 4 die Möglichkeit, mittels Verordnungen die zentrale Steuerung des schweizerischen Kraftwerkparks, ein Verbot von bestimmten Stromverbrauchern (Verbrauchseinschränkungen bzw. Verbote von nicht absolut notwendigen und energieintensiven Anwendungen) oder Stromkontingentierungen anzuordnen. All diese Massnahmen haben Auswirkungen auf das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben in der Schweiz, doch sie sollen Wirtschaft und Bevölkerung vor noch einschneidenderen Massnahmen schützen: Rollierende Netzabschaltungen, die zur Folge hätten, dass nicht nur weniger, sondern während jeweils vier Stunden gar kein Strom zur Verfügung stünde.

Stromkontingentierungen betreffen in erster Linie Grossverbraucher, also Stromkunden, die über 100 MWh pro Jahr verbrauchen. Dabei werden diese individuell dazu verpflichtet, eine gewisse Strommenge einzusparen. Mit R&M und weiteren Mietern definieren wir derzeit die Massnahmen pro Bereitschaftsgrad, um die notwendigen Einsparungen auch tatsächlich realisieren zu können. Aktuell prüfen wir die Auswirkungen von verschiedenen Möglichkeiten wie zum Beispiel Abstellen von Liftanlagen, Reduktion der Luftumwälzung, Absenken der Raumtemperatur tagsüber als auch über das Wochenende sowie die Wiedereinführung des bereits aus Corona-Zeiten bekannten Home-Office Regimes. Eine seriöse Vorbereitung ist zentral, denn sie ermöglicht im Krisenfall, die Beeinträchtigungen in der Produktion sowie im Betrieb so gering wie möglich zu halten.

Aber auch bei kleineren Geschäftsliegenschaften sowie Wohnhäusern ist das Ausloten von Sparpotenzial Teil des professionellen Managements unserer Liegenschaften. EnergieSchweiz schätzt das Sparpotenzial der Schweizer Haushalte auf bis zu 30% ein. Rund die Hälfte des Sparpotenzials lässt sich mit einfachen Massnahmen und wenig einschneidenden Verhaltensänderungen kurzfristig umsetzen. Und dies ohne grössere Beeinträchtigung der Nutzungsqualität. Die Massnahmen können dabei in die vier Themenfelder „Geräteeinstellungen optimieren“, „Service durchführen“, „Geräte ersetzen“ sowie „Verhalten anpassen“ gegliedert werden.

Eine Reduktion der Raumtemperatur um ein Grad bewirkt eine Energieeinsparung von ca. 5-6%. Somit kann mit einer Temperaturreduktion von aktuell meist 23° auf nach wie vor akzeptable 20° bereits 15% Energie eingespart werden. Auch bei der Warmwassererzeugung kann viel Energie eingespart werden, wenn das Wasser nur noch bis 60° aufgeheizt wird. Jedes Grad wärmeres Wasser verbraucht rund 3% mehr Energie. Auch bei der Lüftung besteht enormes Einsparpotenzial, wenn sinnvolle und nutzergerechte Programmierungen zur Anwendung gelangen.

Anpassungen an lieb gewonnene oder auch unbewusste Gewohnheiten beinhalten ebenfalls ein ungeahntes Potenzial, um Energie zu sparen. Wir denken da an das Löschen von Licht in nicht benutzten Räumen, das Lüften am Morgen statt der Benutzung von Klimageräten sowie die Nutzung von Standby- und Aus-Modus bei elektronischen Geräten.

Am meisten Strom benötigt die Erwärmung von Wasser. Waschen bei 20° statt 60° benötigt rund 70% weniger Energie. Auch bei 40° statt 60° lässt sich immer noch rund 40% Strom sparen.
Ständig geöffnete Kippfenster verschwenden viel Energie und verbessern die Luftqualität nicht. Stattdessen 3 bis 4-mal täglich für 5-10 Minuten öffnen. Mit diesem Querlüften entweicht nur wenig Energie aus den Räumen und trotzdem gelangt viel frische Luft in die Räume.

Es ist unser Bestreben, durch proaktives Verhalten das vorhandene Einsparpotenzial durch einfach und rasch umsetzbare Massnahmen anzugehen. Auch kleine Beiträge zahlen sich in der Summe aus, ganz nach dem Motto: „Kleinvieh macht auch Mist“!